Ein leichter Einstieg
in das thema Nachhaltigkeit
BZW. ESG

Januar 2023

Ein leichter Einstieg in das Thema Nachhaltigkeit bzw. ESG

Was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit bzw. ESG?

Das Thema Nachhaltigkeit ist heute gefühlt allgegenwärtig. Dennoch beobachte ich sowohl in Beratungsprojekten als auch im privaten Umfeld sehr unterschiedliche Auffassungen dazu. Um Missverständnisse zu vermeiden und einen konstruktiven Dialog zu ermöglichen, ist es wichtig, ein grundsätzliches und idealerweise ganzheitliches Verständnis von Nachhaltigkeit bzw. ESG zu haben. Der Begriff ESG wird übrigens häufig im Unternehmenskontext als Synonym verwendet und steht als Akronym für die Anfangsbuchstaben von Environmental, Social und Governance.

Prinzipien der Nachhaltigkeit

Das Grundprinzip der Nachhaltigkeit lässt sich anhand der nachhaltigen Forstwirtschaft aus dem 18. Jahrhundert verdeutlichen. Hans Carl von Carlowitz ordnete damals an, nur so viel Holz zu schlagen, wie durch planmäßige Aufforstung nachwachsen kann und gilt damit als einer der frühen Begründer des Nachhaltigkeitsbegriffs. 

Dabei handelt es sich übrigens um eine westliche Perspektive. Denn bei einem Blick über den Tellerrand hinaus zu den indigenen Völkern zeigt sich, dass diese schon viel früher ganz selbstverständlich nachhaltig lebten. Sie betrachten sich als Teil der Natur und verfügen über ein tiefes Verständnis für ökologische Zusammenhänge und den Wert von Biodiversität. Zudem trägt eine bei ihnen oft stark ausgeprägte Gemeinschaftsorientierung zu einer nachhaltigen Ressourcennutzung und sozialem Verhalten bei.

Die Grenzen des Wachstums

Durch technologischen Fortschritt, Industrialisierung, Wirtschaftswachstum und Globalisierung haben wir uns in weiten Teilen der Welt immer weiter von diesem Grundprinzip der Nachhaltigkeit entfernt. Der vom Club of Rome in Auftrag gegebene Bericht ‚Die Grenzen des Wachstums‘ zeigte schon 1972 deutlich, dass die wachsende Weltbevölkerung perspektivisch nicht ausreichend ernährt werden kann und ansteigende Produktionskapazitäten zu einer beschleunigten Umweltzerstörung und Erschöpfung endlicher Ressourcen führt – das war vor mehr als 50 Jahren. Inzwischen gibt es zahlreiche weitere Studien und Berichte, die uns den dringenden Handlungsbedarf für eine nachhaltige Entwicklung vor Augen führen wie beispielsweise der Weltklimabericht des Weltklimarats (IPCC), der Living Planet Report des WWF oder der Global Risks Report des Weltwirtschaftsforums.

Generationengerechtigkeit

Der Nachhaltigkeitsbegriff hat sich weiterentwickelt. Inzwischen bezieht er sich auf das Ziel, dass die Bedürfnisse der heutigen Generation befriedigt werden – ohne die Möglichkeit der Bedürfnisbefriedigung künftiger Generationen zu gefährden. Nach einer alten Philosophie der Irokesen wird in dem sogenannten 7-Generationen-Prinzip nahegelegt, die Auswirkungen des Handelns auf die siebte Generation in der Zukunft zu betrachten.

Dimensionen der Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit umfasst generell drei Dimensionen: Ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit. Im Unternehmenskontext wird alternativ häufig von ESG gesprochen. Diese Abkürzung bzw. dieses Akronym steht für Environmental, Social und Governance und kann so interpretiert werden, dass ein Unternehmen per Definition und zum Fortbestehen ökonomische Ziele verfolgt und die Governance-Dimension hier hervorgehoben wird, um einen systematischen Rahmen zu schaffen, die ökologischen, sozialen und ökonomischen Ziele in Einklang zu bringen. Wie wichtig die Unternehmens-Governance ist, wird hier vertieft.

Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie

Das Ziel der Generationengerechtigkeit und die drei Dimensionen finden sich auch im Nachhaltigkeitsverständnis der Deutschen Bundesregierung, die anstrebt, „mit ihrer Politik gleichermaßen den Bedürfnissen der heutigen sowie künftiger Generationen gerecht zu werden – in Deutschland sowie in allen Teilen der Welt – und ihnen ein Leben in voller Entfaltung ihrer Würde zu ermöglichen. Dafür bedarf es einer wirtschaftlich leistungsfähigen, sozial ausgewogenen und ökologisch verträglichen Entwicklung, wobei die planetaren Grenzen zusammen mit der Orientierung an einem Leben in Würde für alle (ein Leben ohne Armut und Hunger; ein Leben, in dem alle Menschen ihr Potenzial in Würde und Gleichheit voll entfalten können) die absolute äußere Beschränkung vorgeben.“ 

(Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie 2021)

 

17 globale Nachhaltigkeitsziele bzw. Sustainable Development Goals (SDGs)

Einen umfassenden Überblick zu relevanten Nachhaltigkeitsthemen geben die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele bzw. SDGs der Vereinten Nationen. 2015 haben ihre 193 Mitgliedsstaaten die Agenda 2030 verabschiedet und sich auf die nachfolgenden 17 Ziele (SDGs) für eine nachhaltige Entwicklung verständigt, um eine bessere Zukunft für alle Menschen und den Planeten zu schaffen.

  1. Armut in jeder Form und überall beenden
  2. Ernährung weltweit sichern
  3. Gesundheit und Wohlergehen
  4. Hochwertige Bildung weltweit
  5. Gleichstellung von Frauen und Männern
  6. Ausreichend Wasser in bester Qualität
  7. Bezahlbare und saubere Energie
  8. Nachhaltig wirtschaften als Chance für alle
  9. Industrie, Innovation und Infrastruktur
  10. Weniger Ungleichheiten
  11. Nachhaltige Städte und Gemeinden
  12. Nachhaltig/r Konsum & Produktion
  13. Weltweit Klimaschutz umsetzen
  14. Leben unter Wasser schützen
  15. Leben an Land
  16. Starke und transparente Institutionen fördern
  17. Globale Partnerschaften

SDG-Tortenmodell

Um die Verbindung und das Verhältnis zwischen den 17 Nachhaltigkeitszielen (SDGs) zu verdeutlichen, wurde 2016 das sogenannte Hochzeitstorten-Modell entwickelt. Während alle Ziele als gleichwertig angesehen werden, beinhaltet der untere Ring die ökologischen Ziele zu den vier der neun planetaren Grenzen, die als nicht verhandelbar angesehen werden. Diese sind in der Spinnennetz-Grafik als gelb bzw. rot markiert, was ein erhöhtes bzw. hohes Risiko gravierender Folgen widerspiegelt. Innerhalb dieser Begrenzung sind zunächst die gesellschaftlichen Ziele als mittlerer Ring eingebettet, welcher wiederum die ökonomischen Ziele in der Mitte umgibt. Die Bedeutung von Zusammenarbeit und Partnerschaften für eine nachhaltige Entwicklung wird durch ein separates Querschnittsziel (Nr. 17) deutlich. Hierbei spielen insbesondere Regierungen, Unternehmen, NGOs und Gemeinden eine wichtige Rolle.

Planetare Belastungsgrenzen

Abbildung: Planetare Belastbarkeitsgrenzen, Steffen et al., 2015, übersetzt über BMUV (Link)

 

Abbildung: SDG Tortenmodell, in Anlehnung an Azote Images for Stockholm Resilience Centre, Stockholm University über BMUV (Link)

Resümee

Kurz zusammengefasst bedeutet Nachhaltigkeit, sich die Auswirkungen des eigenen Handelns im Sinne der Regenerationsfähigkeit bewusst zu machen und insofern gerecht zu agieren, als dass Menschen weltweit sowie künftigen Generationen ein Leben in Würde und die Befriedigung ihrer Bedürfnisse ermöglicht wird.

Anhand dieses Beitrags wird deutlich, dass das Thema Nachhaltigkeit bei einer globalen Betrachtung sehr umfangreich ist, wobei die Relevanz der Themen – je nach Perspektive – unterschiedlich wahrgenommen werden kann. Die Vereinten Nationen haben sich intensiv damit auseinandergesetzt, wie ein positiver Beitrag zu diesen geleistet und gemessen werden kann. Für weiterführende Informationen lohnt sich ein Blick auf die Website der Vereinten Nationen – als Privatperson genauso wie für Unternehmen. 

Einige Unternehmen verlinken auch schon ihre Geschäftstätigkeit und nachhaltigen Initiativen zu bestimmten SDGs, um ihren Beitrag zu verdeutlichen. Das ist nicht immer einfach, aber es sorgt für mehr Klarheit innerhalb des Unternehmens und kann nach außen die Übernahme der gesellschaftlichen Verantwortung signalisieren.

Auch Privatpersonen können sich überlegen, zu welchen Zielen sie einen Beitrag leisten möchten und dementsprechend handeln.

Am Ende ist es eine gemeinsame Herausforderung, bei der wir alle in demselben Boot sitzen. Die Zusammenarbeit und Partnerschaften werden als essenziell betrachtet. Während einzelne Unternehmen einen sehr großen Hebel haben, ist allerdings auch unser Hebel als Gesellschaft und Weltbevölkerung nicht zu unterschätzen.